Reutlingen

POL-RT: Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 des Polizeipräsidiums Reutlingen

Reutlingen (ots)

   - Kriminalitätsbelastung deutlich unter dem Landesdurchschnitt -
   - Höchste Aufklärungsquote seit zehn Jahren -
   - Weniger Wohnungseinbrüche, höhere Aufklärungsquote -
   - Besorgniserregender Anstieg bei der Gewaltkriminalität und den 
     Rohheitsdelikten - 

Die Kriminalitätsbelastung im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen liegt mit 4.706 Straftaten pro 100.000 Einwohner (2015: 4.589) weiterhin deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt (5.599). Polizeipräsident Alexander Pick: „Dies ist umso erfreulicher, da Baden-Württemberg insgesamt nach der aktuellen Statistik als sicherstes Bundesland bezeichnet werden kann.“

Trotz der vermehrten Aufwände zur Bearbeitung der auf insgesamt 48.380 Straftaten gestiegenen Fallzahlen (2015: 46.495) konnte die Polizei die Aufklärungsquote auf 60,7 Prozent (2015: 59,1) erhöhen und erreicht damit den Höchststand der vergangenen zehn Jahre. Die über vierprozentige Zunahme der Straftaten ist unter anderem auf die erneuten Steigerungen im Bereich der Verstöße gegen das Aufenthalts- bzw. Asylverfahrensgesetz um 554 auf insgesamt 2.983 Fälle zurückführen. Ohne diese spezifischen Verstöße, die grundsätzlich nur durch Ausländer begangen werden können, liegt die Zunahme der Straftaten bei drei Prozent.

Die Zahl der Tatverdächtigen ist im vergangenen Jahr auf insgesamt 22.416 (2015: 21.221) angestiegen. Mit Ausnahme bei den jugendlichen Tatverdächtigen sind im Bereich der Kinder, Heranwachsenden und Erwachsenen wieder zum Teil deutliche Zuwächse zu verzeichnen. Die Steigerung ist unter anderem, wenn auch in geringerem Umfang als 2015, auf die starke Zunahme der Verstöße gegen das Aufenthalts- bzw. Asylverfahrensgesetz zurückzuführen. Allein in diesem Deliktsbereich waren mit 3.341 im vergangenen Jahr 857 mehr Tatverdächtige als im Jahr 2015 zu verzeichnen. Ohne diese spezifischen Verstöße liegen die Tatverdächtigenzahlen mit 19.075 um 338 über dem Vorjahresniveau.

Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist mit einem Zuwachs von über 17 Prozent auf 10.677 (2015: 9.112) stark angestiegen. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen beträgt mittlerweile knapp 48 Prozent. Damit setzt sich die seit Jahren anhaltende kontinuierliche Zunahme bei der Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen weiter fort. Hervorstechend ist dabei die Zunahme bei den tatverdächtigen Asylbewerber bzw. Flüchtlinge, die mit 2.325 Tatverdächtigen (2015: 1.358) knapp ein Viertel der nichtdeutschen Tatverdächtigen stellen.

Für das Polizeipräsidium Reutlingen kommt diese Entwicklung nicht überraschend. Polizeipräsident Alexander Pick: “ Eine hohe Zahl von Flüchtlingen sind junge Männer. Und junge Männer sind im Vergleich mit anderen Bevölkerungsgruppen per se schon höher kriminalitätsbelastet. Kommt noch ein von Müßiggang geprägter Alltag hinzu, inklusive Sprachprobleme, Kulturkonflikte, eine ungewisse Zukunft und die ungewohnte Begegnung mit der westlichen Konsumwelt, ist ein idealer Nährboden für Kriminalität bereitet.“

Die Zahlen der durch Asylbewerber bzw. Flüchtlinge begangenen Straftaten haben sich im vergangenen Jahr um über 63 Prozent auf insgesamt 3.530 Fälle (2015: 2.174) erhöht. Knapp zwei Drittel der 3.119 durch Asylbewerber bzw. Flüchtlinge begangene Straftaten (ohne Verstöße gegen das Aufenthalts- bzw. Asylverfahrensgesetz) sind Diebstähle (1.071 Straftaten) – darunter vor allem Ladendiebstähle (633 Fälle) – und Rohheitsdelikte (923 Straftaten) – hier vor allem Körperverletzungen (769 Fälle) – die sich überwiegend zwischen den Asylbewerbern bzw. Flüchtlingen ereignen und oftmals mit den Unterbringungsverhältnissen, d.h. in den großen Sammelunterkünften mit wenig Rückzugsraum für den Einzelnen, in Verbindung stehen. In diesem Zusammenhang ist eine deutliche Zunahme der polizeilichen Einsätze an Flüchtlingsunterkünften im vergangenen Jahr zu registrieren. Entgegen weit verbreiteter Gerüchte sind Asylbewerber bzw. Flüchtlinge nicht überproportional wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung auffällig. Der Anteil tatverdächtiger Asylbewerber in diesem Bereich liegt unter einem Prozent.

Diebstahlsdelikte machen mit rund 15.819 Fällen (2015: 16.035) knapp ein Drittel aller Straftaten aus und stagnieren leicht unter dem Vorjahresniveau. Besonders erfreulich sind dabei die insgesamt rückläufigen Zahlen im Bereich des schweren Diebstahls. Deutliche Rückgänge waren bei den besonders schweren Diebstählen in/aus Dienst-/Büro-/Werkstattraum mit über 14 Prozent auf 581 Straftaten (2015: 677) und der Wohnungseinbruchskriminalität mit über zehn Prozent auf 884 (2015: 984) Fälle zu verzeichnen. Positiv hervorzuheben ist auch die gleichzeitige Steigerung der Aufklärungsquote bei den Wohnungseinbruchsdiebstählen von knapp zehn auf über 27 Prozent. Durch die gebündelten Anstrengungen von Schutz- und Kriminalpolizei konnte im landesweiten Vergleich die dritthöchste Aufklärungsquote bei den Wohnungseinbrüchen erzielt werden. Von den 117 ermittelten Tatverdächtigen (2015: 82) besitzen über 70 Prozent (2015: 63 Prozent) keine deutsche Staatsangehörigkeit. Der überwiegende Teil stammte aus ost-/südosteuropäischen Staaten.

Die polizeilichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität, insbesondere die Einrichtung der Ermittlungsgruppe Eigentum und die erhöhten Kontrollaktivitäten durch die Polizeireviere und die Polizeihundeführer sowie die Einbindung der Kräfte des Präsidiums Einsatz auch mit ihren Polizeireitern, zeigen Erfolge und werden 2017 innerhalb des Polizeipräsidiums Reutlingen konsequent fortgesetzt. Zu den auf frischer Tat Festgenommenen konnten von den Ermittlern nochmals ebenso viele, nämlich 63 Tatverdächtige, identifiziert und ein Großteil davon in Untersuchungshaft gebracht werden. Im vergangenen Jahr wurden neben den Kontrollaktivitäten im Rahmen des täglichen Dienstes insgesamt 296 Schwerpunkteinsätze zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität durchgeführt. Im Schnitt fanden fast jeden zweiten Tag spezielle Fahndungsmaßnahmen sowie stationäre und mobile Kontrollen zur Eindämmung des Deliktsfeldes und der Ergreifung der Täter statt.

Alexander Pick: “ Wohnungseinbrüche beeinträchtigen massiv das Sicherheitsgefühl und damit die gesamte Lebensqualität der Menschen. Unsere Maßnahmen greifen, die rückläufige Tendenz ist erfreulich. Aber die 2016 registrierten 884 Fälle in unseren Landkreisen sind immer noch zu viele. Wir werden in unseren konzentrierten Anstrengungen auf diesem Feld nicht nachlassen.“

In knapp der Hälfte der Fälle gelang es dem Täter nicht, in die Wohnung einzudringen oder etwas zu stehlen. Ein Beleg dafür, wie wichtig eine wachsame Nachbarschaft und technischer Einbruchsschutz sind, zu dem die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle des Polizeipräsidiums Reutlingen ständig kostenlose Beratungen anbietet. Das Angebot wurde im vergangenen Jahr 2.251 mal (2015: 1.863) in Anspruch genommen. Daneben haben sich rund 1.400 Bürgerinnen und Bürger bei Informationsveranstaltungen des Referats Prävention über Einbruchsschutz informiert. Das Polizeipräsidium Reutlingen appelliert zudem an die Bevölkerung, bei verdächtigen Wahrnehmungen unverzüglich die Polizei unter 110 zu alarmieren. Dies erhöht die Chancen, Einbrecher auf frischer Tat oder in Tatortnähe festzunehmen und ihnen eventuell weitere Taten nachzuweisen.

Im Bereich des einfachen Diebstahls liegen die Fallzahlen mit 9.919 (2015: 9.877) leicht über dem Vorjahresniveau. Beim Ladendiebstahl war aber entgegen der landesweiten Entwicklung mit einem Plus von über zehn Prozent eine deutliche Steigerung zu beobachten.

Die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stark beeinträchtigenden Fälle der Gewalt- und Straßenkriminalität sind erstmals seit Jahren wieder angestiegen. Die Gewaltkriminalität, zu der unter anderem schwere Straftaten wie Raub, gefährliche und schwere Körperverletzung zählen, verzeichnet einen Zuwachs von 251 auf 1.579 Fällen. Der Anstieg ist in weiten Teilen auf den Anstieg bei den Raubdelikten um über 20 Prozent auf 238 Fälle (2015: 198) und den Zuwachs bei den gefährlichen/schweren Köperverletzungen um über 22 Prozent auf 1.257 Straftaten (2015: 1.029) zurückzuführen. Bei den Tötungsdelikten ist im vergangenen Jahr ein Rückgang um sieben auf insgesamt 25 Fälle zu beobachten. In 68 Prozent der Fälle blieb es beim Versuch. Mit Ausnahme eines versuchten Mordes in Tübingen-Lustnau sowie eines versuchten Totschlags in Dettenhausen konnten alle Delikte durch die Polizei geklärt werden. Die Straßenkriminalität, zu der Raubdelikte, Körperverletzungen, Diebstähle sowie Sachbeschädigungen gezählt werden, die im öffentlichen Raum verübt werden, ist 2016 Jahr erstmals nach einem kontinuierlichen Rückgang in den vergangenen fünf Jahren leicht um 251 auf 8.166 Fälle angestiegen. Die Entwicklung ist insbesondere auf die wachsenden Zahlen im Bereich der Sachbeschädigungen zurückzuführen. Deren Gesamtzahl stieg um knapp 14 Prozent auf 6.434 Fälle (2015: 5.648).

Besorgniserregend ist die seit Jahren anhaltende Zunahme der Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte. Hier musste im vergangenen Jahr ein Anstieg um knapp 21 Prozent auf 320 Straftaten (2015: 265) verzeichnet werden. Hervorstechend ist der Anteil der Körperverletzungsdelikte gegen Polizeibeamte, die im vergangenen Jahr nochmals um über dreizehn Prozent auf 185 Fälle (2015: 163) angestiegen sind. Dabei wurden in den vergangenen fünf Jahren 640 Polizeibeamtinnen und – beamte verletzt. Rein statistisch wurde damit jede dritte Einsatzkraft des Polizeipräsidiums Reutlingen bei der Ausübung ihres Dienstes mehr oder minder schwer verletzt. Allein im letzten Jahr konnten 14 Polizeibeamtinnen und -beamte aufgrund ihrer Verletzungen an insgesamt 181 Tage ihren Staatsdienst nicht verrichten. Über zwei Drittel der in diesem Zusammenhang erfassten 299 Tatverdächtigen (2015: 254) standen unter Einfluss von Alkohol und/oder harten Drogen. Schon weit vor einem tätlichen Übergriff sind die Polizeibeamtinnen und -beamten fast täglich mit Respektlosigkeit, gezielten Provokationen und zunehmenden Beleidigungen konfrontiert, mit denen gerade aus Gruppen heraus oft junge Leute vor ihren Freunden angeben wollen. Aber auch ganz normale Bürger zeigen manchmal grundlos ein völlig uneinsichtiges und aggressives Verhalten.

Auch bei den Rohheitsdelikten, zu denen Raub-, Körperverletzungsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit zählen, ist ein sprunghafter Anstieg der Fallzahlen um knapp 17 Prozent auf 7.281 Fälle (2015: 6.251) zu verzeichnen. Die Entwicklung ist insbesondere auf die wachsenden Zahlen im Bereich der Körperverletzungsdelikte zurückzuführen. Deren Gesamtzahl stieg um knapp 16 Prozent auf 5.566 Fälle (2015: 4.809). Neben den Zuwachsraten bei der Gewaltkriminalität und den Gewaltdelikten gegen Polizeibeamte ist dies ein weiteres besorgniserregendes Indiz für die zunehmenden Verrohungstendenzen in Teilen unserer Gesellschaft. Alexander Pick: “ Die Kriminalstatistik liefert nicht die einzigen Warnsignale, wie es um das soziale Klima in Deutschland steht. Ein kleiner Streifzug durch das Internet genügt bereits, um zu erkennen: Hier läuft gewaltig etwas schief und dieses Problem ist von der Polizei allein nicht zu lösen. Es geht uns alle an!“

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