Der Horror jedes Rollatornutzers: Wer sich so verkeilt hat (der Spalt simuliert ein Kanalgitter), kann mit seitlichen Bewegungen versuchen, sich zu befreien. Wenn nichts mehr geht, sollte man jedoch Passanten um Hilfe bitten.
Bochum/Herne/Witten (ots) – Nicht einmal 10 Zentimeter ist die Bordsteinkante hoch, doch sie
scheint unüberwindbar. Für Menschen, die schlecht zu Fuß sind, ist
ein Rollator eine echte Lebenshilfe; aber der richtige Umgang muss
gelernt werden. Die Verkehrsunfallprävention der Polizei bietet
deshalb gemeinsam mit Partnern im Juli und im August Trainings in
Bochum an. Wir haben vorab den Selbsttest gemacht.
Auf dem Hinterhof der Polizeiwache Südost ist ein kleiner Parcours
aufgebaut, der mit Rampen, Kanten und diversen Bodenbelägen einen
guten Überblick über die Gemeinheiten gibt, die Rollator-Nutzerinnen
und -Nutzer im Alltag erwarten. Jetzt also die eingangs erwähnte
Bordsteinkante und die drängende Frage: Wie kommt man da am besten
hoch? Zugegeben: Die Kante ist nicht gerade der Exot hiesiger
Städteplanung – tausendfach begegnet sie uns im urbanen Raum. Doch
erst, wenn wir beide Händen um die Griffe eines Rollators gelegt
haben, wird uns bewusst, welches Hindernis sie eigentlich darstellt.
Polizeihauptkommissar Roland Deckenhoff von der
Verkehrsunfallprävention der Polizei Bochum zeigt, wie es geht – wie
so oft, führen viele Wege zum Ziel.
Einfachste Variante: die Ankipphilfe, ein kleines Pedal neben den
Hinterrädern. Ein leichter Tritt und die Vorderräder des Rollators
heben ab. Das Gewicht muss in diesem Moment auf die Beine verlagert
werden, dann lässt sich der Rollator mühelos über die Kante schieben.
Ebenfalls möglich: Wer kein Pedal hat, kann auch die Bremsen des
Rollators nutzen – oder den eigenen Fuß.
„Es ist wichtig, dass die Nutzer herausfinden, welche Variante für
sie ideal ist. Sie kennen ihre körperlichen Voraussetzungen am
besten“, sagt Deckenhoff. Für manch eine Situation gibt es allerdings
keine Alternative: „Beim Einsteigen in den Bus müssen, sobald der
Rollator in der Kabine steht, die Bremsen gezogen werden. Der
Benutzer oder die Benutzerin zieht sich dann an den Türgriffen hinein
– niemals am Rollator selbst!“ Auch wenn es nicht so scheint: Den
Umgang mit den Alltagshilfen muss man lernen.
Die Kante ist überwunden, jetzt folgt die Buckelpiste – in diesem
Fall eine unebene Metallplatte mit etlichen Kanten und Stolperfallen,
die Schlaglöcher und Kopfsteinpflaster simulieren soll. Nach nicht
einmal einem Meter ist Schluss, denn die Räder des Rollators haben
sich verkeilt. Alles Rütteln nutzt nichts, der Rollator bewegt sich
kein Stück. Wie es wohl einem Menschen mit körperlichen
Einschränkungen in dieser Situation gehen muss?
Polizeihauptkommissarin Sonja Pöpping weiß Rat: „Wichtig ist, dass
man sich nicht auf den Rollator stützt. Also auch hier das Gewicht
auf die Beine verlagern und dann mit seitlichen Bewegungen den
Rollator befreien.“ Beim zweiten Versuch klappt’s – zum Glück!
Kurz darauf der Härtetest: Der Vorderreifen des Rollators hat sich in
einem Spalt verkeilt, der einem Abwassergitter nachempfunden ist. Der
erste Reflex: Man krallt sich in die Handgriffe, doch das Gerät zieht
gnadenlos nach vorn und gerät in eine bedrohliche Schräglage. Roland
Deckenhoff: „Das ist der typische Reflex. Aber er ist falsch, denn
die Gefahr, mit dem Rollator umzukippen, ist hoch!“ Stattdessen rät
er: einfach loslassen. Den Rollator aus dieser misslichen Lage zu
befreien, ist alles andere als leicht. „Rufen Sie im Zweifel
Passanten zur Hilfe“, empfiehlt Deckenhoff.
Viele Menschen schämen sich, einen Rollator zu nutzen. Das weiß auch
Sonja Pöpping: „Das ist ja auch nachvollziehbar – man ist schließlich
an einen Alltag ohne Hilfen gewöhnt.“ Dennoch rät sie dringend dazu,
das Ganze einfach mal auszuprobieren. Denn: „Der Rollator gibt den
Nutzerinnen und Nutzern ihre Mobilität zurück. Sie können wieder
allein Freunde besuchen, zum Gottesdienst oder in den Supermarkt
gehen – das ist echte Lebensqualität!“
> Trainingstermine
Wer mit seinem Rollator selbst auf dem Parcours der
Verkehrsunfallprävention trainieren will, hat an folgenden Terminen
Gelegenheit dazu:
– Mittwoch, 11. Juli, 9 bis 13 Uhr, Liebfrauenkirchplatz,
Bochum-Linden
– Mittwoch, 1. August, 9 bis 15 Uhr, Alter Markt, Bochum
Wattenscheid
– Mittwoch, 22. August, 9 bis 15 Uhr, Bongard Boulevard, Bochum An allen Terminen ist es neben dem Rollatoren-Training auch möglich,
das Ein- und Aussteigen in einen Linienbus der BOGESTRA zu üben.
Außerdem überprüft das Sanitätshaus Care Center Rhein Ruhr (11.
Juli, 22. August), bzw. das Sanitätshaus ILSE (1. August) die Bremsen
und Höheneinstellung der Geräte und alle Teilnehmer bekommen auf
Wunsch Reflektoren. Am 1. August gibt es überdies eine Mitmachaktion
der Verkehrswacht. Bei dem Termin am 22. August handelt es sich um
den Rollatortag NRW – das Programm wird zeitnah bekanntgegeben. Die
Teilnahme ist an allen Terminen kostenfrei.
Weitere Informationen gibt’s bei der Verkehrsunfallprävention der
Polizei Bochum unter der Telefonnummer 0234 / 909 5121.
> Anleitung für Kritische Situationen
– Bordstein hoch: Treten Sie die Ankipphilfe, verlagern Sie das
Körpergewicht auf Ihre Beine und schieben Sie den gekippten
Rollator mit den Vorderrädern über die Kante. Alternativ nutzen
Sie zum Kippen die Bremsen oder stellen einen Fuß quer vors
Hinterrad.
– Bordstein runter: Halten Sie die Bremsen griffbereit und lassen
Sie den Rollator langsam vorwärts über die Kante sinken.
– Bus einsteigen: Wie Bordstein hoch. Sobald der Rollator im Bus
steht, betätigen Sie die Feststellbremse und steigen mithilfe
der Türgriffe ein.
– Bus fahren: Setzen Sie sich nicht während der Fahrt auf den
Rollator! Stellen Sie das Gerät stattdessen ab, betätigen Sie
die Feststellbremse und suchen sich einen Sitzplatz.
– Bus aussteigen: Nähern Sie sich rückwärts der Kante. Betätigen
Sie die Handbremse und treten sie aus dem Bus. Lösen Sie dann
die Bremse und ziehen Sie den Rollator hinter sich her.
– Rampe runter: Führen Sie den Rollator nah am Körper und halten
Sie die Handbremsen griffbereit. Stoppen Sie zwischendurch, wenn
nötig.
– Rollator verkeilt: Verlagern Sie das Gewicht auf ihre Beine und
versuchen Sie, den Rollator mit seitlichen Bewegungen zu
befreien. Falls das nicht gelingt, bitten Sie andere um Hilfe. > Kleine Kaufberatung Brauchbare Rollatoren gibt es ab ca. 150 Euro
zu kaufen. Teurere Modelle haben in der Regel weniger Gewicht und
bieten mehr Komfortfunktionen. Unbedingt vorhanden sein müssen
Bremsen (Handbremse und Feststellbremse) und Klappfunktion.
Reflektoren, Klingel und Einkaufsnetze machen ebenfalls Sinn. Je
größer die Räder, desto besser kommt das Gerät mit unebenen
Untergründen klar. Ob der Rollator dagegen auf Hartgummi- oder
Luftreifen fährt, ist eine Geschmacksfrage. Gekauft werden Rollatoren
am besten im Fachhandel, denn dort kann die Handhabung erläutert und
das Gerät auf die Größe des Benutzers eingestellt werden.
Rückfragen bitte an:
Polizei Bochum
Pressestelle
Jens Artschwager
Telefon: 0234 909 1023
E-Mail: pressestelle.bochum@polizei.nrw.de
https://www.polizei.nrw.de/bochum/
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